22 Sept 2025 • 7 Min. Lesezeit

KI überall – Übertreiben wir es im Ticketing?

Header visual KI im Ticketing

Geht es Ihnen auch so? Plötzlich ist KI allgegenwärtig. LinkedIn ist voll von austauschbaren Meinungsbeiträgen. Freunde erwähnen ChatGPT in jedem zweiten Gespräch. Selbst Urlaubspläne kommen inzwischen aus der KI-Schublade. Dabei hat nicht jedes Tool und jede Idee wirklich einen Mehrwert, nur weil „KI“ draufsteht. Manchmal ist eine persönliche Geschichte oder ein handgemachtes Produkt schlicht überzeugender. Eine individuell gestaltete Website fühlt sich oft besonderer an als jede generische KI-Seite. Warum also sind wir auch in der Ticketing-Branche immer stärker darauf fixiert, alles mit dem Label „KI“ zu versehen?

Es ist Zeit, einen Schritt zurückzutreten und zu betrachten, was im Ticketing wirklich zählt – und wo KI tatsächlich einen Unterschied macht (und wo nicht).

Erst die digitalen Hausaufgaben machen – dann KI

Bevor wir uns von den neuesten KI-Trends mitreißen lassen, müssen wir eine unbequeme Wahrheit anerkennen: Viele Unternehmen haben die digitalen Grundlagen noch nicht im Griff. Wir reden über futuristische KI-Lösungen, kämpfen aber gleichzeitig tagtäglich mit Excel-Exporten und manuellen Prozessen. Digitale Reife entsteht nicht durch das Aufspringen auf den neuesten Hype, sondern durch kontinuierliche Verbesserungen, die echten Geschäftswert schaffen.

Ein Blick auf die Realität im Jahr 2025:

  • Rund 60 % der US-Unternehmen verlassen sich weiterhin auf Excel für zentrale Aufgaben
  • 75 % der Logistikverantwortlichen geben zu, dass große Teile ihrer Abläufe noch analog und papierbasiert sind
  • Über 40 % aller Tätigkeiten könnten mit heutiger Technologie automatisiert werden – bleiben aber manuell

Obwohl wir im Zeitalter von Cloud-Software und KI leben, arbeiten viele Unternehmen noch „wie 2005“. Zwar haben 91 % eine digitale Initiative gestartet, aber nur 30 % aller Digitalisierungsprojekte erreichen ihre Ziele. Der Rest scheitert daran, dass bestehendes Chaos lediglich „digitalisiert“ wird, anstatt Prozesse grundlegend zu modernisieren. Das Ergebnis: „Automatisierungstheater“ – beeindruckende Dashboards nach außen, aber im Hintergrund kreisen weiterhin Excel-Dateien durchs Unternehmen.

Die Lehre daraus: Bevor wir uns zu sehr auf KI fokussieren, müssen wir die Basis schaffen. Also die digitalen Hausaufgaben machen: zuverlässige Tools für Board-Reports, Rabattaktionen oder Partnerkontingente. Digitale Reife entsteht durch die Lösung echter Pain Points – nicht durch das Schlagwort „KI“.

Nicht überall „KI“ draufkleben

Heute scheint jedes Produkt „KI-gestützt“ zu sein – egal, ob es tatsächlich künstliche Intelligenz einsetzt oder nicht. Auch im Ticketing versuchen Anbieter, bestehende Features unter dem KI-Label neu zu verpacken. Doch klar ist: Nur weil ein Algorithmus läuft, ist das noch keine KI.

Echte KI bedeutet: Maschinen übernehmen Aufgaben, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern – etwa Lernen aus Daten, Mustererkennung, Entscheidungen unter Unsicherheit oder Sprachverstehen. Einfache Wenn-Dann-Regeln sind keine KI. Studien zeigen: Rund ein Drittel der Unternehmen, die mit „KI“ werben, haben in Wahrheit keine echten KI-Fähigkeiten. Dieses „AI Washing“ droht das Vertrauen in wirkliche Innovation zu untergraben.

Die Folge? Überzogene Erwartungen und schwindende Glaubwürdigkeit. Nicht jedes Problem verlangt eine KI-Lösung – oft reicht ein gut gemachtes, datenbasiertes System völlig aus.

Die Regel sollte sein: Nennen wir es nur KI, wenn es spürbar schneller, klarer oder relevanter ist als bisherige Lösungen.

Daten sind das Gold – KI nur die Veredelung

Wenn KI der Glanz ist, dann sind Daten das Gold darunter. Ohne Daten ist KI wertlos. Und ohne digitale Reife bleiben Daten in Silos, Exportsheets oder Black Boxes stecken.

Beispiele aus der Praxis zeigen, was möglich ist:

  • Bad Bunny in Puerto Rico: Tickets wurden lokal beschränkt – durch kluge Kombination von Rabattcodes und digitalem Ticketing. Keine KI, sondern intelligenter Dateneinsatz.
  • Schalke 04: Führte NFC-Tickets ein, die direkt an Fan-IDs gekoppelt sind. Weniger Betrug, schnellerer Einlass. Wieder keine KI – einfach konsequente Datennutzung.
  • US-Universitäten & Sportclubs: Segmentieren ihre Fans nach Kaufverhalten, Churn-Risiko und Loyalität – und steuern Kampagnen direkt auf Basis von Live-Ticketing-Daten.

Die Botschaft: Wer Daten im Griff hat, hebt das Erlebnis auf ein neues Niveau. Dann kann KI Mehrwert bringen – etwa für Churn-Prognosen oder automatisierte Retention-Kampagnen. Ohne solide Datenbasis bleibt es beim Lärm.

Fokus behalten – und Menschlichkeit wahren

Das Ziel ist klar: das Fan-Erlebnis gewinnen, während Technologie Komplexität im Hintergrund übernimmt. So bleibt den Teams Zeit für das, was Maschinen nicht können – Beziehungen aufbauen, strategische Entscheidungen treffen, Erlebnisse gestalten.

Nicht jedes Problem im Ticketing braucht KI. Viele Herausforderungen lösen sich durch bessere Nutzerführung, schlauere Workflows und integrierte Marketingsteuerung direkt im Ticketing-System. Genau hier setzt vivenu mit seiner Roadmap an.

Ja, KI kann Potenzial entfalten. Aber sinnvoll eingesetzt, unterstützt sie Menschen, statt sie zu verdrängen.

Wo KI Ticketing wirklich weiterbringen könnte

Wenn gezielt angewendet, bietet KI spannende Möglichkeiten:

  • Personalisierung: Relevante Events und Plätze automatisch zuerst anzeigen
  • Smarter Support: KI-gestützte 24/7-Hilfen für Standardfragen, Übergabe an Menschen bei komplexen Fällen
  • Bot-Erkennung: Auffällige Kaufmuster in Echtzeit automatisch identifizieren
  • In-Venue Experience: Empfehlungen für Catering, Crowdflow-Analysen, personalisierte Inhalte – wie bei den Golden State Warriors, die über 100 Mio. Datenpunkte nutzen

Doch der Anspruch bleibt: Nur wenn ein Problem besser gelöst wird als mit bestehenden Tools, lohnt sich KI.

Fazit: Datenhoheit vor KI-Hype

Die Wahrheit ist einfach: Technologie ist ein Mittel, kein Selbstzweck. KI sollte uns helfen, bessere Erlebnisse zu schaffen – nicht von den Grundlagen ablenken. Ohne saubere, zugängliche Daten bleibt KI eine leere Versprechung.

Mit Datenhoheit dagegen gewinnen Veranstalter echte Kontrolle, tiefere Einblicke und die Grundlage für nachhaltiges Wachstum.

Oder anders gesagt: Im Ticketing sind Daten das Gold. KI entfaltet nur dann ihren Wert, wenn die Basis stimmt.

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